Dienstag, 31. Mai 2011

Auf nach Ivano Frankiwsk

Die Touristen sind rechtzeitig am Busbahnhof und sichern sich die besten Plätze ganz vorn. Das nützt aber nicht viel, denn der Bus wird so proppenvoll, dass die Aussicht von nach Halt suchenden Stehenden verhindert wird. Eine junge Zigeunerin mit Kind und offiziell aussehendem Bettelbrief in Zellophanfolie steigt kurz ein, spult ihr Sprüchlein ab und lässt das Kind sammeln gehen. M. gibt ihr eine Hryfnie, sie guckt mich, die ich erwartungsvoll auf die Abfahrt warte, an, grinst und sagt: you are my friend. Dann geht der Trip los, über 4 Stunden dauert die Fahrt, höllenheiss, das Dachfenster wird von alten Leuten trotz Protesten immer wieder geschlossen, mehrmals macht der Busfahrer Rauchpausen und lässt die Reisenden in der Sonne braten.

Aus dem Fenster: Alte Frauen.

Ländliche Busstation.

Noch eine.

Längerer Zwischenstopp in Kolomea.

Endlich völlig verschwitzt Ankunft in Ivano Frankiwsk.

Schwarze Madonna

Die ukrainische Reiseführerin Tetjana gibt mir ein Bildchen der Schwarzen Madonna aus Czernowitz und erzählt von einem Krüppel, der sie restaurierte und dabei gesund geworden sein soll. Ich gebe ihr das Rezept für Holunderblütensekt.

Eine Statue für die ukrainische Dichterin Ol'ha Kobyljanska.

Jüdischer Friedhof Czernowitz

Die Steine der wilden Gräber neigen sich dem Besucher schon durch die metallene Umzäunung entgegen, über 50.000 gibt es hier.

Andachtskapelle mit Brandschäden, kaputten Fenstern, zugemauerten Türen.

Eine aufgebrochene Stelle im Mauerwerk.

Nur die Hauptwege werden von Unkraut freigehalten.

Von Brennesseln überwuchert.

Holunder breitet sich aus.

Bis zum Horizont reichen die Steine.

Die Faszination des riesigen wilden Friedhofs, Überbleibsel einer vergangenen Welt mit sehr vielen deutschen Namen ist gross. Obwohl ich an diesem heissen Tag schon völlig lahm gelaufen und hungrig und durstig bin, gehe ich immer noch einen Weg weiter, hier noch den Hügel hoch, dort ins Gebüsch - bis plötzlich Miliz auftaucht, zwei Männer, die mir wichtig bedeuten, Fotografieren sei hier verboten. Brav stecke ich den Apparat in die Tasche, genug Fotos sind im Kasten, und fast bin ich diesen Relikten einer in diesem Fall hoffentlich ebenfalls bald untergegangenen Welt dankbar, dass sie mich in die Gegenwart zurück geholt haben.

Eine Art Green Card

Ab 1785 kamen viele Siedler nach Galizien, vor allem aus der Pfalz. Das neu zur österreichischen k.k.-Monarchie gehörende "Kronland" sollte mit Landwirten und Handwerkern aufgefüllt werden. Den Menschen wurden für die ersten Jahre allerhand versprochen: Steuer-, Fron- und Kriegsdienstbefreiung, kostenloses oder stark vergünstigtes Baumaterial, Werkzeug, Vieh. Der Andrang war gross. Es entstanden damals in Galizien und der Bukowina eine Menge neue Dörfer, Grösse und Art der Häuser waren genau vorgeschrieben. Einer dieser Siedler war ein Vorfahr meines Grossvaters, 1785 aus Staudernheim ausgewandert.
Ein bisschen Siedler-Spurensuche ist angesagt. Da die Häuser meist in Reihe beiderseits des Weges gebaut wurden und immer die gleiche Form und Grösse hatten, könnten sie leicht zu identifizieren sein. Bei Kolomea soll es laut Wikipedia ein deutsches Dorf namens Baginsberg gegeben haben, heute ein nördlicher Vorort der Stadt. Wir machen uns auf die Suche und finden tatsächlich - eine Strasse mit lauter kleinen alten Häuschen gleicher Form. Zwei Mädchen streichen den Zaun vor einem der Häuser, kennen Baginsberg aber nicht. Ein runzliges Gesicht schaut neugierig aus dem Fenster, ein Alter humpelt auf uns zu, krächzt: Baginsberg!, macht eine Handbewegung die Strasse rauf und runter und nickt. Er redet lebhaft auf uns ein, zu schade, dass wir uns nicht mit ihm unterhalten können.

Eins der Siedlerhäuschen, sie sind heute natürlich ganz unterschiedlich verkleidet, viele haben Asbestdächer.

Im Czernowitzer Stadtteil Rosch existiert noch der alte Friedhof, er wird weiterhin genutzt, bunt durcheinander alte und neue Gräber.

Auf dem Friedhof in Rosch.

Eine alte Ukrainerin begegnet uns.

Häuser

Die renovierten Häuser in Czernowitz haben oft kräftige Farben.

Zweigeschossige Architektur sieht man häufig.

Dieses Dach müsste mal erneuert werden.

Rankender Wein und Gemüseanbau in der Nähe der Uni.

Besonders schöner Hauseingang.

Hier mal ein offizielles Gebäude - das Rathaus.

Und hier noch eins, die Universität, vor der sich an diesem schönen Sonntag die Brautpaare für Fotosessions stapelten. Es wird viel geheiratet in der Ukraine, deshalb also auf dem Markt das halbe Dutzend Brauthallen.

Ausserhalb der Stadt eine Kate mit tiefgezogenem Blechdach und Antenne, da lebt also jemand drin.

Kapuzina

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