Montag, 23. März 2009

Frischer Wein in alten Flaschen

Keinen einzigen Schritt in den Garten, Tulpenspitzen, Krokusse und anderes Spriessende nur aus den Augenwinkeln wahrgenommen, denn es regnet seit der Ankunft hier in Strömen. Noch nicht mal meinen Spaten konnte ich begrüssen, dabei habe ich mich so danach gesehnt, ihn endlich wieder in die Hand zu nehmen.
Die Heizung im Haus funktioniert, es könnte gemütlich sein, aber ich bin unruhig, entrümple den Kühlschrank, wische kurz in der Küche rum, ordne ein bisschen was ein, koche Kaffee und starre trübsinnig aus dem Fenster in den regendunklen Vorgarten.
Du kannst endlich den Holunderwein abmaischen, der schon lange fertig ist, sagt die innere Stimme. Jawohl, Stimme, du hast recht, denke ich, gebe mir einen Ruck, drehe Goran Bregovic lauter, hole eine Menge Flaschen aus der Kammer und spüle sie sauber.

Praktische Schraubverschlüsse meiner gesammelten Flaschen, meist Wodka, wie man sieht.

20-Liter-Ballon auf Tisch, Schlauch, Trichter, Höckerchen. Der Wein riecht gut. Ich sauge an und fülle Flasche um Flasche. Den Maischerest aus dem Ballon wringe ich im Handtuch aus, dabei sprenkelt die Küche sich immer röter. Ja, da kann man hinterher richtig super saubermachen...
Ich glaube, genau jetzt ist die richtige Zeit für eine schöne Tasse heissen Holunderwein.

Samstag, 14. März 2009

Friedhof der Zirkusdirektoren


Am alten Domfriedhof der St. Hedwigs-Gemeinde rattern S-Bahnen im Minutentakt vorbei.


Mietshauszeile am Rand des Friedhofs - Wände stützen Grabmonumente.

Auf der Infotafel steht, dass hier irgendwo auch Theodor Fontane liegt. Wir finden ihn erst nicht, ein Gärtner gibt Auskunft: nebenan auf dem Hugenottenfriedhof. Da ist es - ein unauffälliges Grab mit unschön anmutendem dunkelgrauen Stein.
Gleich über die Strasse der Dorotheenstädtische Friedhof. Hier haben die Familien Busch und Renz kapellenartige Grüfte errichtet für die Zirkusdirektoren und ihre Frauen, Artistinnen und Schulreiterinnen, deren Künstlernamen waren Miß Constance, Micaela, Wasserminna...


Dramatisierter Friede-sei-mit-euch-Engel.

Mittwoch, 18. Februar 2009

Zigeunermusik

Der Schnee bleibt liegen und lässt sich gut rollen. Man könnte Schneemänner bauen. Wir haben uns aber kurzfristig für etwas anderes entschieden. In der Volksbühne spielen Gypsy Queens und Kings.


Vor der Volksbühne am Rosa Luxemburg-Platz.

Auf den Treppenstufen bis ganz hoch drängt sich das tanzlustigste Volk, es ist heiss, der Saal bebt vom Rhythmus der Blasinstrumente, von Musik und Gesang, von der puren Lust der Künstler, im Takt mit sich selbst und den anderen und dem Leben überhaupt zu sein. Tatsächlich - sie bringen den Saal zum Kochen, die 20 Roma-Musiker auf der Bühne da vorn, sie schaffen es sogar manchmal, dass sich das "gesetztere" Publikum von den Sitzen erhebt und mitschwingt.

Ganz kleiner Moment.

Freitag, 13. Februar 2009

Zocken

Konzentrierte Miene, fliessende Fingerfertigkeit und geradezu perfekte heitere Grundmaskierung - ich beobachte den Croupier beim amerikanischen Roulette. Von Spielern hingeworfene Scheine stösst er wie nebenbei mit einem durchsichtigen Schieber in den Schlitz am Spieltischrand und wechselt sie blitzschnell in Jetons ein. Gelegentliche Fragen aufgeregter Neulinge beantwortet er stets mit freundlicher Gelassenheit. Nur einmal entfährt ihm ein missbilligendes Tsstss, als nämlich ein Spieler mit fahrigen Bewegungen seinen Karton mit Jetons vom Tisch wischt. Bei Wikipedia steht übrigens, der Croupier verstehe im allgemeinen wenig vom Gewinnproblem.

Wir befinden uns im 37. Stock des Hotels am Alex - im Spielcasino, klar. Die Aussicht über die Stadt ist bombastisch. Und eine Lesung im Casino erlebt man nicht alle Tage.


Im Schein des Casinolichts.


Raucherlounge, rechts der Fernsehturm.


Spielgeld vor russischem Buffet, das nach der Lesung erstürmt wird (das Buffet, nicht das Spielgeld), dazu passend gibt es Wodka.

Wir verspielen jeder zehn Euro und machen uns Gedanken über die echten Spieler. Und Tereskaja tanzt schön zu den Klängen der Russendisko.

Freitag, 6. Februar 2009

Schlamm

Der Weg zum Liebesgrund hinunter hat sich in rieselnde Pfützen verwandelt. Ich hüpfe mal hierhin, mal dorthin, aber egal, morastige Klumpen kleben an den Schuhen.
Milde Luft im windgeschützten Tal, keine weitere Menschenseele ist zu sehen. In dieser Jahreszeit fallen mir die knorrigen Baumwurzeln am Wegrand besonders auf.


Bestimmt hausen Trolle und Gnome in den Wurzelhöhlen.

Etwas weiter liegen frisch geschlagene Bäume. Einer ist vollständig mit Efeu bewachsen.


Efeubeere, schon erstaunlich, wie frisch die ganze Pflanze mitten im Winter.


Beim Wäldchen kontrastiert das Knallorange der frischen Baumstümpfe besonders stark mit den ansonsten herrschenden gedämpften Grautönen.

Ich nehme den Weg zum Hölzchensee, der Wind wird stärker. Betreten des Eises auf eigene Gefahr steht da. Tatsächlich bedeckt immer noch eine milchige Eisfläche das Wasser.


Eisspiegel.

Ast im Eis.


Blasiges Eis.

Mittwoch, 4. Februar 2009

Den Eingang zum Erdreich...


... findet man durch dieses Rohr. Dafür zaubert man sich winzig klein und fällt holterdipolter tief hinab wie Alice im Wunderland.

Tja, wegen steinhart gefrorenem Boden gibt es gerade kaum einen Weg, ins Erdreich zu gelangen. Die Topinamburknollen dürfen also noch etwas ruhen.
Nebliger Tag, und weil der Wind heute nicht scharf bläst, ist das Aufräumen im Garten angenehm. Dabei schmiede ich Pläne, was demnächst verändert werden soll und nehme mir vor, das leidige Thema Vorgarten endlich anzupacken: alles plattmachen, dann Rasen mit wenig Pflanzen dazwischen.


Reste von Lunaria, dem Silberblatt.

Farn an Weissichnicht - mit Tautropfen besonders schön.


Reste der Tür des Nachbarn auf Feuerstelle.

Dienstag, 3. Februar 2009

Eisfreie Oder

Tote Katze auf dem Weg zum Kanal, wohlgenährt, ohne sichtbare Verletzung und geradezu frisch liegt sie am Wegrand. Stunden später immer noch. Ist es den Leuten hier egal, was vor ihrer Tür liegt? Sind sie heute noch nicht vor ihre Tür getreten? Lebt hier überhaupt noch wer?
Keine einzige Eisscholle am Kanal. Aber durch den Wind viele gefühlte Minusgrade.


Frachter am Bollwerk.


Beim Aufräumen im Garten: ach ja, hier standen die Andenbeeren.

Montag, 2. Februar 2009

Kabellos vergessen

Die letzten Kilometer ausdauernd mit Eipott nach Wifi gefahndet. In Freienwalde offenes Netz gefunden, gut zu wissen, aber nicht gerade nah dran an einem der letzten DSL-losen Orte der Republik.
Steinhart gefrorener Boden, schneegrauer Himmel, die Oder vereist. Am Dorfeingang zieht einer sein Pferd hinter sich her. Viele leerstehende verfallene einstöckige Häuschen fallen mir heute besonders auf, dabei sind sie schon lange in diesem Zustand. Trübes kaltes Wetter schlägt auf die Stimmung. In dieser Jahreszeit wirkt die Gegend wie vergessen.


Im Garten die Sonnenblumen vom vorigen Jahr. Morgen kommt das Gestrüpp weg.


Die alte Badewanne an der Scheune gefroren bis zum Grund, zwei Walnüsse obenauf.


Eine Reihe prima Feldsalat, Überraschung! Im Herbst noch ausgesät extra für einen Tag wie heute. Danke, Kapuzina, klopf dir auf die Schulter!

Moskauer Brunch

Das Restaurant Pasternak in Prenzlberg ist voll, die schroffe junge Russin weist uns den letzten Tisch zu. Ihr Blick ist finster, am Gürtel trägt sie einen metallenen Totenkopf mit gekreuzten Knochen.
Die Auswahl am Buffet besteht überwiegend aus verschiedensten excellent zubereiteten Fischen, ganz ausgezeichnet.

In einer Stunde sattessen kann man sich schon. Wer hier länger abhängen will, zahlt entsprechend.

Kapuzina

Zwischen Uckermark und Berlin

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