Woanders

Samstag, 29. März 2008

Brunnen, Engel, Spiegelhalle

Im Konstanzer Münster die 200 Stufen hoch zur Zwischenplattform, grandios der Ausblick über Stadt, See, Berge. Als ich die Wendeltreppe zur Spitze erklimmen will, schnell noch ein Foto von der Glocke im Turm, da plötzlich ein langes pfeifendes Sausen, dann schlägt die Glocke los, alles dröhnt, vibriert ... Katastrophenalarm, Jüngstes Gericht? Versuch, tief und gleichmässig zu atmen, eine Hand klammert sich ans Geländer, die andere stopft Kamera in Tasche, mit zittrigen Beinen umgekehrt, zurück auf die stabile Plattform.
Blöd, immer das gleiche Problem in engen Höhen und Tiefen. Müsste doch mal zu überwinden sein.


Die Engel im Münster blasen zum Jüngsten Gericht.


Ein ganz schönes Ladendetail.


Am Kaiserbrunnen.


Der Laubebrunnen ist großartig mit seinen alles zeigenden und nichts beschönigenden lustvollen Gestalten, die jede Menge Platz für eigene Gedanken und Interpretationen bieten.


Mann im Bad.


Noch ein Mann.


Schwein-Mann.

Abends in der Spiegelhalle. Der Boden besteht aus Spiegeln, aber das ist die Dekoration für Maria Stuart, das Gebäude wurde zur Erinnerung an einen Juden namens Spiegel benannt, lerne ich.


Der Spiegelboden.

Donnerstag, 27. März 2008

Bürgertröpfle

Das kann man jetzt wieder trinken, eine Zeitlang war es zu trocken, kommentiert die Wirtin die Bestellung.
Am Haus steht die Jahreszahl 1420, aber in der Weinstube selbst deutet nichts auf das hohe Alter - immerhin steht in einer dunklen Ecke eine Art hölzerner Säulenbalken mit eingeschnitzem 1688, alt sieht er aus, tatsächlich.

Von Berlin nach Konstanz, einmal längs durch die Republik mit dem Zug. In der Rheinebene blühen Mandelbäumchen, im Schwarzwald noch richtig hoher Schnee.


Dach mit Schnee.

Uralt scheint die ganze Stadt, die Häuser heißen Zur roten Fahne, Zum Seitensprung, Zum Safran, weissen Schlüssel, blauen Sattel, schwarzen Rössle... . Der erste Weg zum Bodensee, am Ende des Stegs eine riesenhafte halbnackte langsam sich drehende weibliche Statue mit zwergähnlichen Gestalten in den Händen.


Erschaffen wurde das Monument Imperia in den 1990ern vom Bildhauer Peter Lenk.

Kreuz und quer durch die engen Gassen: hier weilte Goethe, Graf Zeppelin Sohn der Stadt, Jahreszahlen ab 1200. Zur Schweizer Grenze, einmal kurz rüber, aber schon dunkel und Hunger, deshalb gleich wieder zurück. "Haben Sie was zu verzollen?" fragt der Schweizer, "darf ich in die Tüte gucken?" Muss er wohl dürfen, ein Paar Schuhe und ein Regenschirm, auf deutscher Seite gekauft.


Hausdetail aus der Zeit deutscher Kolonien.

Montag, 17. März 2008

Stadt der Rohre

Bisher kam mir Leipzig bei jedem Besuch hässlich vor, immer regnerisch, dunkel, abgerissen, schlecht gelaunt. An diesem hellen Frühlingstag war es schön, selbst die überall oberirdisch angelegten Rohre, die in der Sonne blitzten.


Extra hochgelegt, keine Ahnung, welche Funktion dahinter steckt.


Rohr in grün.

In den Häuserschluchten zwischen restaurierten Gebäuden viel Verfallenes mit marodem Charme.


Auffälliges Flickwerk.

Gezuckel mit der Straßenbahn durch triste nördliche Vororte, Endstation Buchmesse. Plötzlich glänzt und glitzert es. Ein beeindruckender gläserner Mikrokosmos wurde hier aus dem Boden gestampft - fünf durch Stahl und Glasröhren verbundene Hallen, dazwischen ein großer bepflanzter Teich, Mandelbäumchen blühen, Trauerweiden zeigen zartes Grün.


Die draußen rauchenden Besucher konnten eine Fotosession beobachten.


Riesenrose.

Die Stunden vergingen schnell. Irgendwann war ich so abgeschlafft, dass ich mir einen Ruck geben musste, um nach einer kurzen Pause wieder hochzukommen.


Als der Zug nach Berlin einrollte, war es fast dunkel.

Donnerstag, 27. Dezember 2007

Grabgedanken

Meiner Mutter bereitet es Kummer, dass später niemand ihr Grab pflegen wird, weil ihre drei Töchter weit verstreut leben. Obwohl ich ihr versichere, wir würden uns um eine gute Grabpflege kümmern, steigert sie sich gern in immer größere Rührseligkeit, die in dem verzweifelten Ausbruch gipfelt, sie möchte nicht in einem vernachlässigten und deshalb sozusagen vergessenen Grab liegen.

Ich besuche gern Friedhöfe, aber habe nicht den rechten Sinn für Grabkultur, für ein Häufchen Asche oder für möglicherweise aus Gewebespendegründen entbeinte Hüllen (hochinteressante Hör-Doku über Verarbeitung und Verwendung von Leichenteilen gestern im Zug gehört, aber das ist wieder was ganz anderes).

Für die Aura, die letzte Ruhestätten umgibt, bin ich sehr empfänglich. Aber diejenigen, die ich nicht vergesse, sind doch bei mir auch ohne Grabgehacke. Manchmal bilde ich mir sogar ein, ganz fassbar - etwa als Marienkäfer im Winter im Wohnzimmer... und ist das wirklich nur zurechtgebogener Quatsch?

Jedenfalls machten wir Weihnachten einen Spaziergang zum Friedhof.


Alter auffälliger Grabstein.


Am Eingang.


Und der zugefrorene Burggraben.

Montag, 3. Dezember 2007

Bruder Jordans Knochen

Der 1922 gestorbene Franziskaner bewegt bis heute die Gläubigen. Auch seine Gebeine wurden mehrmals bewegt. 10 Jahre nach dem Tod ließ sie der Erzbischof von Paderborn "erheben und konservieren", 18 Jahre später kamen sie vom Friedhof in die Klosterkirche Dortmund (100.000 Menschen nahmen teil), wo sie nach einigen weiteren Jahren von der Kirchenmitte nach links versetzt wurden. Und zwar, weil die Kirchenmitte allein Jesus gehört, das hatten sie vorher nicht überlegt, erklärte Bruder Augustinus.


Das Bild des Verehrten im Treppenaufgang des Klosters

Was für ein Brimborium um ein paar Knochen, denke ich. Aber ist es nicht eigentlich hilfreich, etwas so "Fassbares" zum Halten und Verehren und dran Glauben zu haben? Nur ist mir das alles sehr fremd. Besonders, dass es sich dieser "Bruder" zur Aufgabe gemacht hatte, die Sünden anderer zu sühnen.

Jedenfalls - die sehr nette Aufnahme im Kloster, die Erzählungen und Kirchenwitze (ich konnte mir wieder keinen einzigen merken) und die franziskanische Taufe waren ein Erlebnis. Nicht zu vergessen das schmale Bett mit dem Jesuskreuz drüber, wo ich mir nachts beim Umdrehen den Kopf stieß - es hatte eine supergute harte Matratze.

Mittwoch, 1. August 2007

Umsteigen


Auf der Durchreise. Hier hält mich nix - es ist nur mein Geburtsort.

Sonntag, 27. Mai 2007

Viel Bienen und Schafe...

... verdient der Bauer im Schlafe.
"Ich wollte gerade dichtmachen, nichts los heute", empfängt uns der Wirt vom Dorfgasthof Quilitz. Choriner Bier könne er sowieso nicht zapfen, der Schlauch sei kaputt - dann lässt er sich wenigstens auf ein Radeberger ein.
Und er sitzt am Nebentisch und beginnt zu erzählen. Vom verrottenden Spargel auf den Feldern, weil die Erntehelfer aus Polen von den deutschen Behörden reglementiert werden und deshalb lieber nach Holland und England arbeiten gehen. Vom verregneten Pfingstsonntag, der die Besucher ausbleiben lässt. Dass der Gasthof keine Familie mehr ernähren kann. Er erzählt vom Niedergang des Ortes Lunow. Früher waren fünf Gaststätten und ein Café hier. Es gab nur Mittel- und Kleinbauern, keine Gutshöfe. Die Bauern wurden wohlhabend durch Tabakanbau, in den dreißiger Jahren soll Lunow zu den wohlhabendsten Dörfern Deutschlands gehört haben. Die Schule ist groß und gut in Schuss, der Sportplatz gleich dran - und trotzdem wurde sie dichtgemacht, weil es ein Jahr mit nur elf Schulanfängern gab, aber fünfzehn werden von den Behörden gefordert. Der Kindergarten feiert dieses Jahr 100jähriges Bestehen und ist der älteste in Brandenburg, evangelisch auch zu DDR-Zeiten, aber damals gab es noch einen staatlichen dazu.
Fast 2000 Einwohner waren hier, heute nur noch 1200. Und bis zum Krieg eine Fähre über die Oder nach Belinek, früher Bellinchen, die hat er noch gesehen.
Wir lauschen gebannt und trinken ein Bier nach dem anderen.
Bedauerlich, das Gespräch nicht aufgenommen zu haben. Und ich schreibe das alles jetzt sofort auf, weil ich es morgen vielleicht nicht mehr so wiedergeben kann.

Donnerstag, 10. Mai 2007

Haare

Die Friseurin zupft konzentriert an meinem Hinterkopf.
"Die grauen Haare brauchen Sie mir nicht rauszuziehen."
"Da ist ein ganz weißes, das steht hoch, so ein gewelltes, drahtiges..."
"Oh, dann krieg ich im Alter vielleicht füllige weiße Locken?"
Sie lächelt nur.
In der Augenbraue neulich ein sehr langes weißes Haar. Drei Haare spriessen am Kinn aus einem Leberfleck. Es braucht immer angestrengtes Umdenken, sie spiegelverkehrt mit der Nagelschere zu entfernen.
Ich scheine das Stadium "alte Hexe mit haarigen Warzen" erreicht zu haben. Außer mir fällt es keinem auf.
Und vermutlich werde ich mich später nicht mehr rasieren und beschneiden, die paar komischen Härchen werden mir irgendwann gar nichts mehr ausmachen.

Montag, 30. April 2007

Privat

Fast eine Stunde Fussmarsch zum Kino. Dabei fiel mir ein Restaurant in der Uhlandstrasse auf, das keine Durchlaufkundschaft bedient - dabei gibt es das schon über 10 Jahre, wie ein Zeitungsartikel im Schaufenster zeigt.


Nur nach Anmeldung.


Detail.

Der kammerspielähnliche Film "Herzen" von Alain Resnais war wegen der langsamen Erzählweise anstrengend. Die Darstellung menschlicher Einsamkeit stimmte mich traurig. Wohl weil ich noch nicht die Reife des 80jährigen Altmeisters erreicht haben kann.
Großartig die Szene, in der die Schwester ihren Bruder bei etwas überrascht, was er ihr verheimlichen wollte und sich darüber übertrieben empört, obwohl sie selbst auch ein Geheimnis vor ihm hat, dessen Entdeckung ihr peinlich wäre.
Zentraler Punkt die Gläubige. Weist sie den Makler zurück, weil sie weiß, dass Menschen miteinander nicht glücklich sein können?
Mein Begleiter (obwohl auch noch nicht sooo alt) fand den Film gut und hoffnungsvoll, weil zum Schluss viele Koffer gepackt werden - also Neuanfang.

Dienstag, 24. April 2007

Kurz zur Nordsee

Es ist nett auf Norderney. Selbst die 4 Stunden Fahrt im vollgerammelten Bummelzug mit Tante Waltraut, auf deren Niedersachsenticket ich kostenlos mitfuhr, war nett, weil Tante Waltraut so freundlich zu allen Mitreisenden war, viel mehr als ich normalerweise.
Und warum tat ich mir die lange Fahrt für ein Wochenende an? Wegen Urgroßvater Michael, dem "Lokomotivführer" aus Galizien (Ukraine). Dessen Nachwuchs aus Ost und West trifft sich seit der Wende alle zwei Jahre. Und weil das immer ganz interessant und auch ein bisschen skuril ist - anfangs kannten wir uns zum Teil gar nicht - ist inzwischen sogar noch jemand aus dem weit entfernten Glockengießer-Zweig dazu gestossen.

Was ich sah:


Während der Bus-Rundfahrt.


Die Sonne geniessen.


Die Sonne in vollen Zügen geniessen.


Ein mordsgefährlicher Vogel, direkt aus dem Hitchcock-Thriller.


Trecker am Meer.

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Zwischen Uckermark und Berlin

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